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  • Gepostet am 8. März 2020
  • Autor/-in: © Ute M.

Buchbesprechung: Unsichtbare Frauen …

Gut Ding will Weile haben!

„Einen wunderschönen Guten Morgen, mein Uma Herz,“ begrüßt
Kurti seine Frau überschwänglich.

Uma wird skeptisch, denn ihr sonst sehr rationaler, leistungsorientierter, fast kühler Mann fragt eher:

„Hast Du schon Kaffee gemacht?“,

und beginnt seine Sätze eher mit dem symbolischen

‚Hast Du…?‘ als mit Gefühlsausbrüchen. Uma fragt deshalb erstaunt:

„Hast Du ein schlechtes Gewissen?“

„Nein! Heute ist Dein Tag und da er auf einen Sonntag fällt, dachte ich…“
„Essen gehen?“, fällt Uma ihm in’s Wort.

„Warte ab! Viel besser! Ich dachte, wir kochen mal wieder gemeinsam.“

Uma antwortet:

„Kurti! Die ganze Woche Streß. Theater in der Arbeit. Leute werden krank und alles bleibt an mir hängen. Nicht nur Achim scheut Wasser und Seife an seinen Händen, sondern viele unserer Teilnehmer. Dafür hatten wir vom Gesundheitsamt große ansprechende Bild-Plakate zum 30sec. Hände waschen aufgehängt. Drei einfache große Bilder. Die verstand jeder unserer ausländischen Besucher ohne Worte. Was macht unsere Praktikantin? Sie ersetzt die Händewasch Motivations-Plakate einfach mit unseren Logos. Wir konnten es zwar noch richten. Aber kannst Du Dir vorstellen was bei uns los war? Heute würde ich mich lieber irgendwo verwöhnen lassen.“

„Genau das habe ich indirekt vor. Das, obwohl ich den Muttertag romantischer finde.“

Uma:

„Ach ja, heute ist der 8.3. Der Hobbykreis kommt nachher.“

Kurti:

„Genau, 8. März! Unabhängigkeitstag müsste es eigentlich heißen, denn als Tag für die Frau finde ich den Muttertag romantischer. Aber meistens kommen ausgerechnet am zweiten Mai-Sonntag immer Einladungen zu irgendeiner Kommunion oder Konfirmation.

Uma:

„Frauentag finde ich in Ordnung, denn nicht alle Frauen sind Mütter. Solange einige Männer sich am Haushalt, Pflege nicht paritätisch beteiligen, ist das so in Ordnung. Schön, dass Du das akzeptierst.“

Kurti:

„Also heute! Heute am Frauentag darfst Du fast nur zugucken, oder kreativ werden, wenn Du magst. Setz Dich einfach an den Küchentisch. Taterrataa sieh her!“

Guter Pizzateig braucht Zeit!

Uma:

„Teig! Laß mich raten. Du backst mir einen Kuchen? Wegen Frauentag?“

Kurti entgegnet:

„Uma! Nachher kommt Dein Frauenkreis und ich kredenze Euch
Pizza! Aber nicht irgendeine. Nein, Ihr bekommt eine mit meinem Geheimrezept! Hier ist der Hefeteig, den ich vor 48 Stunden angesetzt habe. Dünn auf unseren großen Pizzastein. Uma. Ich sag Dir, das wird ein Genuss mit meinem 48 Stunden ausgeruhten Hefe Pizza Teig. Du darfst jetzt den Belag für Deine Freundinnen aussuchen.
Guck, ich habe alles vorbereitet.“

Uma strahlt, fällt ihm um den Hals. Gemeinsam mit Carolin belegt die fröhliche Familienrunde das Gemüse kreativ, mal als Gesicht, mal als Frau, alles passend gestaltet zum 8. März 2020, auf Kurtis 48-Stunden Pizzateig.

Gegen 14 Uhr nehmen die ersten Frauen am schön gedeckten Tisch Platz.

Genüßlich sagt Anna sofort:

„Mh, das duftet lecker.“
Kurti erwidert ganz stolz:

„Das ist unser 48-Stunden ausgeruhter Piztateig. Mein Geheimtipp, ihn lange ruhen lassen!“

„Es war Dein Geheimtipp. Jetzt wissen wir es auch,“ singt Grit fast fröhlich, als hätte sie einen Schatz gefunden. Sofort tauschen sie untereinander ihre Tipps zu leckerem Kurzgebackenem aus und nach dem Schmaus zieht Anna das Fazit:

„Mh, ja wirklich,  gut Ding will Weile haben! So wie der gute Pizzateig 48 Stunden ruhen muss, so braucht auch die Gleichstellung von Mann und Frau wohl ihre Zeit.“

Was wurde in rund 100 Jahren erreicht?

Grit:

„Gerechtigkeit sollte aber keine 100 Jahre brauchen, um zu erkennen, dass gleiche Arbeit, ob vom Männer- oder Frauenhirn, ob von Männer- oder Frauenhand gleich bezahlt werden muss.“

Anna:

„Vorteile erhaschen! Killerphrasen dreschen! Macht sichern! Oder warum haben wir diese Unterschiede auch zwischen den einzelnen  Himnelsrichtungen wie Ost und West, zwischen den Ländern?“

Grit:

„Dort gibt es aber zusätzliche Diskrepanzen, also nochmals eine Kluft zwischen männlich und weiblich. Es sind ungleiche Ergebnisse zur Erzielung von eigenen, ichbezogenen Vorteilen. Anna, Ungleichheiten zwischen Mann und Frau, das ist doch unser heutiges Thema?“

Buch: Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen

Uma:

„Das Buch von Christine Brückner über ungehaltene Reden von Frauen aus dem Ullstein Verlag scheint das zu vertiefen. Doch ich fand es teilweise scharf formuliert bis überzogen. Für mich war es etwas zu aggressiv. Obwohl, teilweise konnte ich die dort vorgebrachten Ansichten nachvollziehen. Schwierig, solche fiktive Reden zu bewerten, zumal die Betroffenen nicht mehr antworten können.“

Anna, in der Gruppe als die Romantische bekannt, bestätigt diesen Eindruck. Allerdings, findet sie dennoch einiges bemerkenswert. Anna liest im Frauenkreis aus Christine Brückners Buch vor, und dort die Rede „Fräulein von Meysenburg“ über die Errungenschaften der Emanzipation.

Anna liest mit angenehm lauter Stimme vor:
„Würden Sie mir zustimmen, wenn ich behaupte: Nur die Ungerechtigkeit ermöglicht das Glück?“

Anna sagt: „So redet fiktiv die Autorin in Ihrem Antwort-Buchtext die verstorbene Fräulein von Meysenburg an.“

Anna liest die von der Autorin ausgedachte Antwort weiter vor:
„Sie sind als Priviligierte geboren, sie sind als Priviligierte gestorben. Auf Kosten anderer. Sie haben ein paar Schritte auf dem Weg zur Emanzipation getan. Der Gedanke, die Frau zur völligen Freiheit der geistigen Entwicklung, zur ökonomischen Unabhängigkeit und zum Besitz aller bürgerlichen Rechte zu führen, ist weitgehend verwirklicht.“

Grit, die etwas Spontane, ruft hinein:
„Das ist heutzutage noch nicht einmal in Deutschland auf allen Ebenen verwirklicht, geschweige woanders.“

Anna:

„ Bitte Grit, höre erst einmal zu, denn die Autorin schreibt weiter:
„Die Frau hat dasselbe Recht zur Entfaltung ihrer Möglichkeiten durch Unterricht und Studium wie der Mann, sie ist vom ‚Joch der Unwissenheit, des Aberglaubens, der Frivolität und der Mode befreit. Oder doch nicht?
Der Weg der Frau hat inzwischen eine andere Richtung genommen. Es geht heute mehr um soziale Fragen, die Ziele sind kleiner geworden, sie gelten den Prüfungsergebnissen, der materiellen Versorgung im Alter…““

Grit:

„Die gesetzliche Altersversorgung für Frauen ist inzwischen oft sehr miserabel. Singles, Geschiedene werden meiner Meinung nach benachteiligt. Also ist die materielle Versorgung noch nicht verwirklicht. Meine alleinerziehende Freundin Lisa muss von ihrem Verdienst als Kassiererin fast 60% Kaltmiete für ihre kleine Wohnung im Zentrum bezahlen. Hart, sage ich Euch!“

Anna:

„Aktuell, ja sogar in Randzonen eine Katastrophe. Gebe ich Dir absolut recht. Dennoch, allgein, oberflächlich betrachtet, die Altersversorgung war sogar schon einmal schlechter. Frauen waren nicht so versichert wie heute, sie waren abhängig vom Mann, besonders im Alter. Kann ich weiter lesen?“

Grit kleinlaut: „Ja. Lies weiter, was die Autorin Anna Brückner de Frau von Meysenburg antwortet.“

Anna:

„… inzwischen geht es mehr um materielle Ziele, materielle Versorgung im Alter…, der Lohngleichheit, dem Schwangerschaftsabbruch. Die großen Ziele, die das eigene Ich, das Wir und die Vervollkommnung der Welt betrafen, haben wir aus den Augen verloren.
Die Welt hat sich nicht in Ihrem Sinne verändert. Sie und Ihre Freunde strebten nach geistiger und seelischer Vollkommenheit.
Heute strebt man nach vollkommenem Wohnkomfort, vollkommenen Kraftfahrzeugen, …Was sie am Ende Ihres langen Leben befürchtet haben, ist eingetreten: Die materiellen Interessen haben die Macht über den Menschen gewonnen.
Wenn wir heute von Fortschritt sprechen, … meinen wir vor allem technischen Fortschritt. …Wir modernen Frauen lassen uns nicht mehr bedienen. Wir bedienen eigenhändig Haushaltsmaschinen aller Art, und die Dienstboten von einst arbeiten in Fabriken an sogenannten Fließbändern. Das Wort abhängig benutzen wir weiterhin, allerdings im Zusammenhang mit Lohn, lohnabhängig. ….Sie haben die Freundschaft zu vielen Männern der Liebe … vorgezogen. Liebe Malvida! Sie fangen an mir unheimlich zu werden!
Wie haben Sie es fertig gebracht diese Männer immer zu bewundern, “ … , Pause.  Anna sagt nach einer Weile: „Und so weiter. Es geht in diese. Brief mit einer Auseinandersetzung Frau-Mann weiter. So, wie sind Eure Gedanken dazu?“

Uma:

„Wann wurde dieses Buch veröffentlicht?“

Anna zuckt die Schultern, denn sie kann die Jahreszahl im
Buchdeckel nicht finden.

Grit sagt lakonisch:
„Damals gab es Friday for Future noch nicht. Sonst hätte sie vielleicht geschrieben, dass sich lediglich unsere Abhängigkeit geändert hat. Heute ist jeder, ob Mann oder Frau, jeder ist inzwischen vom Geld abhängig, bzw. von der Plastikkarte, wenn Bargeld abgeschafft werden sollte, was ich nicht hoffe.“

Anna:

„Also, was meint ihr dazu? Sind wir total vom Geld abhängig? Würde das heißen, wir sind eigentlich von denjenigen abhängig, die das Geldvermögen zu-, ver-, austeilen? Wer sind diejenigen?  Ist das wirklich transparent?“

Nach weitreichenden heißen Diskussionen kommt Kurti mit heißer Pizza ins Zimmer. Die knusprig heiße Pizza kühlt augenblicklich die Gemüter herunter. Stille! Nur ab- und zu ein genüßliches Knistern der knusprigen, lecker belegten Pizza.

Danach folgt die nächste Buchbesprechung,

Buch: Unsichtbare Frauen

Uma:
„Aktuell habe ich für Euch den Buchtipp von Caroline Criado-Perez. Sie recherchiert akribisch eine Welt, die vorwiegend von Männern mit Daten von Männern gefüttert wird. Diese Daten sind die Grundlagen für unsere heutigen Algorythmen. Wenn dort Frauendaten fehlen, dann sind diese Algorithmen fehlerhaft. Ihnen fehlt Wissen über Frauen.
Durch die so entstehenden Wissenslücken im Datensystem erfassen Algorithmen zirka nur 50% der Bevölkerung, Frauen fehlen, die Daten ohne Frauen sind also nicht adäquat. Folglich ist das eine Diskriminierung weiblicher Bedürfnisse, ihrer Erfordernisse. Frauen wiegen oft weniger, haben einen etwas anderen Körperbau, kleinere Hände usw.. Algorythmen werden damit nicht gefüttert? Angeblich fressen die doch jeden Brotkrümel an Information?“

Anna: „Das wäre mehr als unglaublich. Darüber muss ich nachdenken.“

Uma:

„Ja, das beginnt mit anderen Normen für Körpergrößen. Autos, Schränke, Küchen, Treppen, alles, sogar bei Küchengeräten werden fast nur männliche Durchschnittswerte einbezogen. Das kann bedeuten, sämtliche Durchschnittswerte können für Frauen 10 bis 20 cm zu groß sein. Falsche Maße für Frauen, das ist die Quintessenz! Dieser Fehler pflanzt sich in Algorithmen fort.“

Grit: „Wo bleibt der Aufschrei der kleinen Frauen?“

Abgesichert mit AGBs

Ella, eine der Kleinsten in der Gruppe seufzt:

„Das spüre ich jeden Tag mehrmals in meiner neuen Küche. Was soll ich machen? Gekauft ist gekauft? Morgens singe ich seitdem aus lauter Vertweiflung für gute Laune immer ‚Blue Velvet‘, so wie Reni im Text ‚Zwei Sieger‘ von Ute M. -Buch „Gänsefüßchen“, Seite 23. Währenddessen  steige ich auf meinen kleinen Tritthocker, um an Salz, an meine Tassen und Teller zu kommen.“

Anna: „Du steigst auf einen Tritthocker? Du bist doch gar nicht so klein.“

„ 1,50 m. Der Super Möbeldiscounter war jedoch  nicht in der Lage die Arbeitsplattenhöhe meiner Körpergröße anzupassen. Leider hatte ich mich auf seine mündliche Zusagen verlassen, ich sprach das Thema extra an, aber in den AGBs, die ich unterschrieb, stand es anders. Das überlas ich, Da stand so viel, klein gedruckt! Blöd nur, denn bei den Hängeschränken komme ich überall  nur an den unteren Boden. Für die Zwischenblden müsste ich auf eine Leiter steigen. Und Ihr kennt meine Höhenangst?“

Anna:

„Verstehe ich nicht. Hängeschränke lassen sich in jeder beliebigen Höhe aufhängen.“

Ella:

„Wegen Brandbestimmungen geht das nicht. Der Abstand zwischen Arbeitsplatte und unterem Hängeschrank muss… Das werdet ihr beim nächsten Mal bei mir begutachten können. Ich brauche jetzt immer einen Hocker in meiner super neuen P..P… Küche mit Normwerten von Männern. Endlich verstehe ich, wo der Fehler begraben liegt.“

Anna:

„Das ist wie bei der Medikamentenforschung. Frauen und Kinder, sie existieren oft nur am Rande.“

Unternehmerinnen

Uma:

„Am Rande? So wie Unternehmerinnen oft nicht so ernst genommen werden wie ihre männlichen Unternehmer? Und das, obwohl sie oft sich noch gmehr ins Zeug legen?“

Anna: „Das Buch „Alles geben nur nicht auf“ sagt alles.“

Unvermittelt sagte Grit plötzlich:
„So ich ziehe jetzt meinen Stecker. Ich bin müde. Wer kommt mit?“

Damit endet abrupt dieser Frauenabend bei KUCK.

Auf dem Nachhauseweg diskutieren einige noch immer angeregt über moderne Abhängigkeiten, Konsum Manipulationen, Werbe Verlockungen, und über das neue Buch von der Autorin Perez.

Dennoch sind sie sich schließlich alle darin einig, dass es keiner der vergangenen Generationen so gut ging wie der heutigen.

Anna:

„Wachsam! Bleibt wachsam, es ist schon sehr dunkel! Tschüss, bis bald!“

©  KUCK GUCK!

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